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Grußwort der Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen

Sehr geehrte Leserinnen und Leser, liebe Interessierte und Engagierte,

ich freue mich, dass die Initiative Kotti & Co, die seit Jahren die Interessen von Mieter*innen des sozialen Wohnungsbaus vertritt, mit der Studie (Re-)Kommunalisierung Plus. Modellprojekt am Kottbusser Tor die Debatte um eine Ausweitung der Mit­bestimmung von Mieter*innen im Zuge der Rekommunalisierung von Wohnraum vorantreibt. Diese Forderung, die aus den konkreten Erfahrun­gen und Diskussionen von wohnungspolitischen Initiativen in Berlin hervorgegangen ist, hat 2016 Eingang in den Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und der LINKEN gefunden. Dort heißt es wörtlich: „Die Koalition unterstützt stadtweit Modell­projekte, wie am Falkenhagener Feld und am Kottbusser Tor angedacht, für selbstverwal­tete Mieter­genossenschaften.“

Katrin LompscherDie Studie fragt danach, ob die Idee einer starken Mietermitbestimmung und –verwaltung von Bewoh­ner­*innen am Kottbusser Tor unterstützt wird und versucht Ressourcen und Bedingungen für die Mit­arbeit zu identifizieren. Damit wird ein bislang noch zu selten diskutiertes Problem angesprochen, näm­lich welche Tragweite das wachsende Bedürfnis nach Mitsprache und Mitbestimmung hat und unter wel­chen Voraussetzungen es in funktionierende Ins­titutionen und Prozesse einer sozialen und demo­kratischen Quartiersentwicklung überführt werden kann. Durch ihr anspruchsvolles Forschungsdesign, das qualitative und quantitative Methoden kom­biniert, und auch das sehr konkret formulierte Erkenntnisinteresse kommt diese Studie zu einem wis­senschaftlich beachtlichen Ergebnis. Das ist umso bemerkenswerter, insofern die Studie keine gewöhn­liche Auftragsarbeit, sondern ein Projekt kollektiver Autor*innenschaft „aus dem Kiez“ ist. Es wird überzeugend dargelegt, dass die Verbin­dung von Rekommunalisierung mit Selbstver­waltung kein reiner Selbstzweck oder nur ein wei­teres Partikularinteresse „lauter“ Minderheiten ist. Es besteht ein – wenn auch unterschiedlich - ausgeprägtes Bedürfnis, an Entscheidungen, die die eigene Wohnsituation und das Wohnumfeld be­treffen, stärker mitzuwirken. Dieses Bedürfnis in seinen Facetten ernst zu nehmen und ihm durch die Entwicklung von praktikablen, zugänglichen und wirkungsvollen Entscheidungsstrukturen und -prozessen gerecht zu werden, ist eine Heraus­forderung, die über aktuelle wohnungspolitische Erfordernisse weit hinaus geht: Eine zeitgemäße progressive Stadtpolitik muss bei den alltäglichen Bedürfnissen der Menschen ansetzen und ihre Selbstbestimmung stärken. Warum also nicht beim Wohnen? Zugleich ist wichtig, dass angesichts von erstarkendem Rechtspopulismus und schwinden­ der gesellschaftlicher Solidarität Alternativen ent­wickelt werden für eine demokratische und solida­rische Gestaltung unseres Gemeinwesens.

Es ist deshalb wichtig und begrüßenswert, dass an diesem Anliegen weitergearbeitet wird und die Bestrebungen zur Umsetzung nun erste Früchte tragen. Wie die Vorschläge und Anknüpfungs­punkte für eine Folgestudie nahelegen, stehen wir bei der Suchbewegung nach gangbaren Wegen zu einer Demokratisierung auch des Wohnens noch am Anfang.

Ich sehe der weiteren Diskussion deshalb mit Interesse und Vorfreude entgegen.