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Studienergebnisse und Mieter*innenproteste

Das Untersuchungsgebiet liegt im Stadtteil Kreuzberg – ein deutschlandweit bekannter Schwerpunkt sowohl von Gentrifizierungsprozessen als auch von stadt- und woh­nungspolitischen Protesten. Die Initiative Kotti & Co., die auch diese Studie verantwortet, ist dabei seit 2011 eine feste Größe. Auch in den direkt benachbarten Gebieten Reichenberger Straße, Oranienstraße, Wrangelkiez oder Nordneukölln sind seit vielen Jahren Initiativen aktiv, die gegen die Mietentwicklung protestieren und teilweise auch praktische Unterstützung in der Nachbar*innenschaft organisieren. Mit dem NKZ Mieterrat formiert sich die Bewohner*innenschaft eines Teils des Kottbusser Tors bereits im Sinne der hier untersuchten Frage. Der Ge­danke, demokratisch verfasst und den Möglichkeiten der Nachbar*innenschaft angemessen, Entscheidungen über die selbst bewohnten Häuser, möglicherweise auch weitrei­chende, fällen zu können, ist vielen Nachbar*innen noch fremd. Aus den qualitativen Interviews, aber auch aus den zahlreichen Gesprächen im Rahmen der persönlichen Ver­teilung der Fragebögen ist aber deutlich geworden, dass die Beratungsangebote im „Gecekondu“ und politischen Forde­rungen nach (Re-)Kommunalisierung und sinkenden Mie­ten in der Nachbar*innenschaft sehr bekannt sind.

Das weitere Vorgehen im Sinne der hier aufgeworfenen Fragestellungen muss hierauf aufbauen. Mit Kotti & Co. und dem NKZ Mieterrat gibt es, teilweise seit etlichen Jah­ren, selbst organisierte Gruppen, die die Interessen der Bewohner*innen vertreten. An diese Studie kann die Ar­beit der Verstetigung, der Neueinbindung bislang nicht er­reichter Nachbar*innen und die Vermittlung der bestehen­den Arbeit zu formaleren Strukturen anknüpfen. Die Fördermechanismen des Sozialen Wohnungsbaus ge­ben für den größten Teil des Untersuchungsgebietes hier­ bei klare zeitliche Schranken: In den Jahren 2023 und fol­gende werden die Häuser auf der Südseite des Kottbusser Tors aus dem System des Sozialen Wohnungsbaus he­rausfallen. Die Konsequenzen wurden weiter oben be­reits skiziziert. Ohne sichere Perspektive, im Quartier wohnen bleiben zu können, werden für den Großteil der Bewohner*innen Mitverwaltungsfragen eine untergeord­nete Rolle spielen.

Insbesondere in den Beständen der Deutschen Wohnen stehen die Erfolgsaussichten einer Debatte über Mitbe­stimmungsformate und die eines Eigentümerinnenwech­sels nah beieinander. Der größte Teil der Bewohner*innen, eingestuft als „prekär und gut vernetzt“ sowie On-Off, wird sich dann an Mitverwaltungsformen beteiligen, wenn sie glaubwürdig tatsächliche Verbesserungen in Aussicht stellen können. Das wird unterstrichen durch die Tatsa­che, dass die bereits seit etlichen Jahren protestierenden Bewohner*innen sich in dieser Zeit anstatt in Vorformen von Mieter*innenräten in der Form wohnungspolitischer Initiativen organisiert haben, die die Forderung nach „(Re-)Kommunalisierung Plus“ versuchen durchzusetzen und nicht ihre (selbst-)organisatorische Vorwegnahme.