Befürwortung von Mieter*innenmitbestimmung

Auch ohne in den qualitativen Interviews oder dem Fra­gebogen ein konkretes Mitbestimmungsmodell dar­ gestellt zu haben, ist die Befürwortung einer starken Mieter*innenmitbestimmung unter den Bewohner*innen im Untersuchungsgebiet groß. Ein kleinerer Teil befürwor­tet Mitbestimmung als solche; ein größerer Teil befürwor­tet Mitbestimmung als Mittel, Entscheidungen, die die ei­gene Wohnsituation betreffen, stärker an den Interessen der Bewohner*innen auszurichten und versteht Mitbestim­mung als Möglichkeit, die Wohnsituation zu verbessern.

Qualifizierte Beteiligungsbereitschaft

Die Bereitschaft der Mieter*innen im Untersuchungsgebiet, sich in gemeinsame Mieter*innenaktivitäten einzubringen, ist groß. Etwa die Hälfte der Befragten ist noch nicht, möch­te aber in Zukunft in diesem Sinne aktiv werden; ein Viertel ist bereits in unterschiedlichen Formen aktiv. Um die Betei­ligungsbereitschaft jenseits einer einzelnen Frage beurtei­len und sogar qualifizieren zu können, wurden sechs Hand­lungstypen konstruiert. Diese Typen unterscheiden sich in ihrer Motivlage und Handlungserwartungen, wenn die Fra­ge der Beteiligung praktisch wird.

Relevanz und Praktikabilität des Typisierungskonzepts

Die Untersuchung zeigt, dass die entwickelten Typen sowohl für die Analyse als auch als Grundlage für eine verbesserte und effektivere Aktivierung wertvoll sind.

Die Typen charakterisieren die vorhandene Bewohner*innenschaft gut hinsichtlich ihren Bedingungen und ihrer Aktivierbarkeit, weil hier zusammenwirkende soziale, demografische und kulturelle Faktoren berücksichtigt sind.

Studienergebnisse und Mieter*innenproteste

Das Untersuchungsgebiet liegt im Stadtteil Kreuzberg – ein deutschlandweit bekannter Schwerpunkt sowohl von Gentrifizierungsprozessen als auch von stadt- und woh­nungspolitischen Protesten. Die Initiative Kotti & Co., die auch diese Studie verantwortet, ist dabei seit 2011 eine feste Größe. Auch in den direkt benachbarten Gebieten Reichenberger Straße, Oranienstraße, Wrangelkiez oder Nordneukölln sind seit vielen Jahren Initiativen aktiv, die gegen die Mietentwicklung protestieren und teilweise auch praktische Unterstützung in der Nachbar*innenschaft organisieren. Mit dem NKZ Mieterrat formiert sich die Bewohner*innenschaft eines Teils des Kottbusser Tors bereits im Sinne der hier untersuchten Frage. Der Ge­danke, demokratisch verfasst und den Möglichkeiten der Nachbar*innenschaft angemessen, Entscheidungen über die selbst bewohnten Häuser, möglicherweise auch weitrei­chende, fällen zu können, ist vielen Nachbar*innen noch fremd. Aus den qualitativen Interviews, aber auch aus den zahlreichen Gesprächen im Rahmen der persönlichen Ver­teilung der Fragebögen ist aber deutlich geworden, dass die Beratungsangebote im „Gecekondu“ und politischen Forde­rungen nach (Re-)Kommunalisierung und sinkenden Mie­ten in der Nachbar*innenschaft sehr bekannt sind.

Skizze einer Folgestudie

Vor dem Hintergrund der Erhebungsergebnisse wird ein Folgeprojekt vorgeschlagen. Dieses Folgeprojekt soll die im Untersuchungsgebiet schon vorhandenen Strukturen stärken und dabei die drängendsten Themen, einzeln oder nach Sinnzusammenhang zusammengefasst, in die Diskussion bringen.

Danke

In diese Studie ist die Arbeit von ganz vielen Menschen am Kottbusser Tor und weit darüber hinaus geflossen. Wir möch­ten von ganzem Herzen allen Danken, die dieses Ergebnis auf ihre Art möglich gemacht haben:

Wir danken der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen (besonders Ralf Hirsch), dem Bezirksamt Friedrichs­hain-Kreuzberg (besonders Jana Nowratzky) und dem QM Zentrum Kreuzberg (besonders Laila Atrache) für die freundliche und unkomplizierte Unterstützung.

Wir danken der Re­komm-AG von Kotti & Co. (Horst Arenz, Sigmar Gude, Ulrike Hamann, Jan Kuhnert, Sandy Kaltenborn, Christoph Villin­ger), der Kerngruppe von Kotti & Co. (v.a. Fatma Cakmak, Melanie Dyck, Jale Öztekin, Nina Scholz, Tahir Sözen, Ah­met Tuncer, Neriman Tuncer), dem NKZ Mieterrat (v.a. Marie Schubenz und Ryan Harty), allen Mitgliedern unseres wissen­schaftlichen Begleitkreises (Matthias Bernt, Sigmar Gude, Ulrike Hamann, Andrej Holm, Jan Kuhnert, Margit Mayer, Bir­git zur Nieden, Remzi Uyguner, Christoph Villinger), der Steu­erungsrunde (Sigmar Gude, Ulrike Hamann, Juliane Heimann, Sandy Kaltenborn, Jan Kuhnert, Alexander Rudnick), Athena und Paco bei image-shift, dem Kotti-Shop (Julia Brunner und Stefan Endewardt), Ercan Yasaroglu vom Café Kotti, Richard und Claud vom Südblock, Jessica Fuchs von Loyal e.V., Sebas­tian und Christine von Fixpunkt, Herrn Sommer und Herrn Hasselbach vom Unternehmensmieterrat der Wohnbau Gie­ßen, Thomas Deuber und Horst-Reiner Rotax aus Steilshoop/Hamburg, Renée, Christina und Lisa-Marie von der Planbu­de Hamburg, Pete Kirkham und Stéphane Letz vom Village Vertical/Paris, Patrick Chretien von Chamarel/Habicoop/Pa­ris und Nils Kumkar für die methodische Beratung.

Und wir danken den vielen Nachbar*innen, die mit uns geredet und mitgemacht haben für ihren Stolz, ihre Power und ihre Aufrichtigkeit. Weiter geht‘s.